Ein Leben ohne Plastik ist heutzutage kaum mehr vorstellbar. Es ist leicht, billig und unverwüstbar. Doch genau das ist das Problem. Das gesundheitsschädliche Material braucht über 500 Jahre bis es verrottet. Schätzungen zufolge beträgt die bisher weltweit produzierte Menge an Plastik 8,3 Milliarden Tonnen (Stand 2015 Science Advances). Das entspricht in etwa 822.000 Eiffeltürmen, 25.000 Empire State Buildings oder einer Milliarden Elefanten, schrieb der Spiegel. Eine Milliarde Elefanten – schön wär’s! Stattdessen haben wir 8,3 Milliarden Tonnen Plastik.

Das langlebige Material sammelt sich im Ökosystemen, und landet letztendlich im menschlichen Organismus – über Nahrung, Cremen oder Plastikflaschen. Krebserkrankungen und Unfruchtbarkeit können durch Plastik verursacht werden, besagt ein Risikobericht der europäischen Kommission. Trotz all dem boomt das Geschäft mit Plastik. Die Plastikindustrie verzeichnet jährlich einen Umsatz von rund 800 Milliarden Euro, sagte Werner Boote, Regisseur des Films “Plastic Planet”. Eine dementsprechend starke Lobby setzt sich dafür ein, dass Plastik weiterhin Verwendung findet. Für Change Maker ist es an der Zeit, ihrerseits eine stärkere Lobby zu mobilisieren um zu verhindern, dass unser Planet in Plastik erstickt. Wir brauchen Menschen, die mit individuellen Lösungsansätzen dem Plastikmüll den Kampf ansagen und so zu Change Maker werden. Genau solche Change Maker werden in der Serie „Plastic Fighters“ vorgestellt.

Unser Plastic Fighter des Monats November ist Kunstprofessorin und Pädagogin und bildende Künstlerin Manuela Picallo Gil. Sie führt ein plastikfreies Leben, und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Andere zu sensibilisieren und zu inspirieren – durch ihre Kunst. In ihren Projekten designen Schüler_innen selbstständig Möbel aus Plastikmüll und müssen als Hausaufgabe selbstständig Alternativen zum Plastikmüll suchen.

 „Wenn ich etwas verändern will, muss ich bei mir anfangen, geduldig und Schritt für Schritt.“ – Manuela Picallo Gil

Seit vier Jahren lebt Manuela plastikfrei. Beim Einkaufen kommen nur plastikfrei verpackte Produkte ins Stoffsackerl, Käse- und Schinkenaufschnitte lässt sie sich in mitgebrachte Aludosen legen, und im Bad gibt’s nur mikroplastikfreie Artikel. Neben selbstgemachten Cremen, Brauseseifen fürs Haar und der Bambuszahnbürste findet man in Manuelas Bad jedoch auch Haarfarbe, die es leider nicht plastikfrei zu kaufen gibt. Für viele Artikel fehlen immer noch plastikfreie Alternativen. Dazu bräuchte es Druck von den Konsumentinnen.

Grundsätzlich kann man nicht komplett plastikfrei leben, ohne aus unserer Gesellschaft auszusteigen. Elektronikgeräte, Haushaltsgeräte und Autos sind voller Plastikbestandteile. Daher muss man nicht nur nach Plastikalternativen suchen, sondern auch auf so manches Produkt verzichten. Im Gespräch erklärt Manuela, wie es zu der Lebensumstellung kam, wie sie es schafft konsequent zu bleiben, und was sie Anderen raten würde.

Angefangen habe es mit Up-Cycling-Kursen, die sie im Laufe ihrer Ausbildung zur Kunstvermittlung an Schulen gab. Danach trat eine Professorin an sie heran und vernetzte sie mit dem Verein „Kultur-Kontakt-Austria“. Dort hielt sie einige Workshops zum Recycling von Plastikmüll. Irgendwann erkannte sie, dass Recycling das Problem nicht löst, sondern im Gegenteil sogar zum Produzieren von Müll animieren kann. Weltweit werden auch nur 9% des gesamten Plastikmülls recycelt. „Man muss vor allem reduzieren“, stellte Manuela fest. Inspiriert wurde sie auch durch den Dokumentarfilm „Plastic Planet“.

„Es macht mich stolz, dass meine Leistung auch eine positive Wirkung auf Andere hat.“ – Manuela Picallo Gil

Besonders wichtig war anfangs die Unterstützung Anderer. Gemeinsam mit ihrem Partner gelang der Umstieg zum plastikfreien Leben. Sie freut sich besonders über die positiven Rückmeldungen ihrer Mitmenschen. „Mich freut es richtig, wenn Leute mir Artikel mailen über plastikfressende Bakterien, und das Thema Plastik von sich aus ansprechen“, teilt uns Manuela mit.

„Ein plastikfreies Leben ist keine Belastung, sondern eine Lebenseinstellung.“ – Manuela Picallo Gil

Sie fasst die wichtigsten Ratschläge für den Umstieg auf ein plastikfreies Leben folgendermaßen zusammen. „Erstens: Es soll vor allem Spaß machen. Das ist das Wichtigste. Das klingt vielleicht blöd, aber plastikfrei zu leben ist eine Leistung, auf die man stolz sein kann, und das positive Feedback von Anderen motiviert zusätzlich. Zweitens: Ein gemeinsamer Umstieg ist einfacher. Fragt am besten euren/eure Partner_in oder WG-Mitbewohner_innen, ob sie mitmachen wollen. Gegenseitig kann man sich besser motivieren und unterstützen. Drittens: Setzt euch nicht zu sehr unter Druck. Immer einen Schritt nach dem Anderen machen und üben, mit andern Augen zu schauen. Viertens: Man sollte die eigenen Grenzen akzeptieren. Vor allem im Urlaub war es sehr schwer für mich, gänzlich auf Plastik zu verzichten. Trotzdem sollte man nicht alles hinschmeißen oder denken man ist gescheitert, wenn es mal nicht so geht wie gewünscht.“

Zufrieden mit ihrer eigenen Leistung freut sich Manuela auch über das erhöhte allgemeine Bewusstsein gegenüber der Plastikproblematik. Immer mehr Leute verzichten auf Plastiksackerl, die ab 2018 auch per Gesetz in Österreich verboten sein werden. Der Wunsch der Konsumentinnen nach Plastikfreiheit motiviert Produzenten, Alternativen bereitzustellen. So wird klar, dass jeder seinen Beitrag leisten und seine Superpower für etwas Gutes einsetzten kann. Wie bei einem Puzzle ergibt sich das Bild einer Anderen Zukunft erst aus der Summe der Lösungsansätze.

Nächstes Monat stellen wir euch einen Plastic Fighter vor, die sich für einen besseren Zugang zu plastikfreien Alternativprodukten einsetzt und deshalb die erste plastikfreie Drogerie in Wien eröffnet hat.

 

Autorin: Rebecca Picallo Gil