Das Netzwerk von Option 2.0 lebt von seiner Vielfalt. Wir vereinen Menschen aus verschiedenen Branchen und Szenen, jeder und jede mit eigenen Talenten und Skills, die sich gegenseitig bereichern und ergänzen. So schaffen wir Schnittstellen, wo andere Reibungsflächen sehen. Genau diese Vielfalt gefiel Esi Boison, und sie beschloss, ihren Teil dazu beizutragen.

Die neue Optioneerin schlägt Brücken zwischen opt2o und Wiens Hip-Hop Community. Unter dem Alias „MC EC“ rappt sie seit zwei Jahren, zeitweise als Mitglied der Rap-Truppe „Femme DMC“, die Frauen dabei supportet, die Männer-Domäne „Hip-Hop“ zu erobern. Als Optioneerin möchte sie auch abseits der Bühne für eine faire Gesellschaft eintreten. Im Interview erzählte uns Esi von Hindernissen, die weiblichen MCs im Weg stehen, wie sie von Son Goku geprägt wurde, und von ihren Plänen als Optioneerin.

Stell dich doch bitte kurz vor. Wer bist du, was machst du?
Ich bin Esi Boison, geboren in Berlin, aber groß geworden in Freiburg. Hab mit Berlin also eigentlich nichts am Hut, aber es klingt cool (lacht). Bin im Oktober 2015 nach Wien gezogen, zum studieren – und zum rappen. Geschrieben hab’ ich zwar schon in Deutschland, aber erst hier in Wien hab’ ich mich auf ‘ne Bühne gestellt.

Wieso ging das in Wien besser?
Wegen meinem Umfeld in Freiburg. Da waren viele Jungs, und sich da als Frau hinzustellen und mal eben zu sagen „Hey übrigens, ich rap jetzt!“, war für mich irgendwie schwer. Ich kannte dort zwar Rapper, und hab auch mit einem gefreestyled, aber das war mir nicht harmonisch genug. Hab mich nicht frei gefühlt. Mit Männern rappen kann echt anstrengend sein. Die sind oft krass davon überzeugt, dass sie’s besser können, nur weil sie Männer sind.

(c) JJ Dai

Gibt es im Rap mehr Konkurrenzdruck unter Männern?
Ja, ich glaube schon. Das gibt’s aber auch unter Frauen: Man vergleicht sich, weil man denkt, das wäre hilfreich.

Und, ist es hilfreich?
Nein, finde ich nicht. Mich hat Son Goku erzogen (Charakter aus dem Anime „Dragonball“, Anm. d. Red.). Der versucht, immer besser zu sein als am Tag davor, misst sich nicht an anderen. Vegeta ist sein Gegenstück, er will immer stärker sein als Son Goku; aber Son Goku will nur stärker sein, als er vorher war. Das reicht ihm, und das find ich geil. Du kannst nie sein wie andere Menschen, sondern nur aus dir selber wachsen.

Wobei Son Goku ja immer nach den stärksten Gegnern gesucht hat.
Stimmt, und das ist bei mir auch so. Ich find’s geil, wenn ich auf krasse Leute treffe und mich inspirieren lasse. Terra von Femme DMC, zum Beispiel. Als ich das erste Mal auf ‘ner Show war, hab’ ich sie freestylen sehen, sie hatte die Augen geschlossen und ich dachte mir so: „Alter…“. Hat mich richtig berührt.

Du hast zwar schon Auftritte hinter dir, online fand ich aber keine Tracks – wieso?
Ich wollte warten, bis ich bereit bin. Mir ist wichtig, genug Content zu haben, um nachzuliefern, für den Fall, dass es einschlägt. Ich ‘hab schon ein paar Texte, aber die werden momentan immer nur noch besser. Außerdem suche ich grad noch eine Band, um das Ganze mit Live-Instrumenten einzuspielen. Also lass ich mir noch Zeit, suche und schreibe. Aber ich glaube, 2017 ist das Jahr.

Mal ganz allgemein: Wieso hast du angefangen zu rappen?
Eine innere Stimme sprach zu mir (grinst). Es war mir ein Bedürfnis, da hab‘ ich direkt Stift und Blatt genommen, und heimlich im Zimmer gerappt. Fand das auch geiler als schreiben, ich kann mich im Rap besser ausdrücken. Mir liegt mein Herz auf der Zunge.

Und worum geht’s in deinen Lyrics?
Um Reflexion und Selbstentfaltung. Und ich schreibe auch kritische Texte – selbstkritische und gesellschaftskritische.

Worüber zum Beispiel rappst du?
Ich rappe über Rap und den Stereotyp des deutschen Rappers. Es gibt so viele Männer die rappen, wenn die mal ‘nen Fehler machen, denkt man sich: „Ach, war doch nur ein Patzer.“. Bei Frauen ist man grundsätzlich skeptisch: Sie stellt sich auf die Bühne, und dann denken alle erstmal: „Oooooh, was passiert jetzt?“ Ich kenn das selbst. Neulich war ich mal wieder in Freiburg, Und hab ein paar alte Leute getroffen. Die wollten, dass ich was rappe, ich mach – und ich hab’ Fremdscham gespürt, noch bevor ich den Mund aufgemacht habe. Die waren angespannt. Als dachten sie: „Ich hab’ keine Lust, dass du scheiße bist und es total peinlich wird.“ So ‘ne Stimmung merk ich immer wieder.

Aber sie fanden’s dann eh feierlich.

(c) Marija Šabanović

Was war denn dein schönstes Erlebnis in deiner Rap-Laufbahn? Da fallen mir mehrere ein.. aber mein erstes Mal auf der Bühne war krass, bei Femme DMC letztes Jahr. Ich kannte die Gründerin, hatte ihr mal bisschen was vorgerappt, und war beim Konzert im Publikum. Bei der Freestyle-Session sah sie mich und rief: „Jetzt komm auf die Bühne!“ Das war richtig heftig, aber richtig wichtig, weil ich sonst meinen Arsch nie hoch bekommen hatte. Ich merkte: „Darauf hab ich richtig Bock, das klappt.“.

Kommen wir zu opt2o. Wann hast du zum ersten Mal von uns gehört?
Naja, ich wohn mit einer Freundin von Fabian, Mitgründer von Option 2.0 zusammen, über ihn hab’ ich Christoph, den Obmann von opt2o kennengelernt. Langsam, aber sicher hab’ ich mitgekriegt, was da geht – und dass einiges geht. Dass es ein riesengroßes, superschönes Netzwerk an Menschen ist. Und dass ich Teil davon sein will.

Was ist opt2o für dich?
Ein Netzwerk an vielfältigen Menschen, die selbstorganisiert und unabhängig sein wollen, und in dem jeder von jedem profitieren kann. Es schafft zugleich Zusammengehörigkeitsgefühl und Unabhängigkeit, jeder ist in seinem Bereich der Chef, und wird unterstützt von Leuten, die in ihrem Bereich die Chefs sind.

Und wo siehst du darin deine Rolle?
Entertainment! Musik ist immer Entertainment. Ich kann aber auch Message verbreiten, hängt von Events ab, in denen ihr auftrete. Ich hoffe jedenfalls, ich kann Spaß haben, Sachen beleben und fröhlich machen. Und meine Skills als Rapperin in den Dienst der Vernetzung stellen.

Und was steht demnächst an?
Bei der Ice-Tea-Time am ersten September im CoSpace werde ich auftreten, und wir planen im Winter eine Rap-Session im Hug Inn Vienna, als Airbnb Experience. Eventuell als Privatkonzert, oder ich könnte meinen Einblick in die Rap-Szene Wiens in einer Veranstaltung präsentieren. Und musikalisch bereite ich mich auf den Online-Auftritt vor, schreibe Texte, suche nach einer Band. Ich hab‘ sogar schon ein CD-Cover designt. Ich leb mit Rap meinen Traum, und ich kann mir nichts vorstellen, was ich lieber täte. Und wie bereits gesagt: 2017 ist das Jahr.